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Auftritt in Ingolstadt

Eines Tages fragte das Bayerische Fernsehen bei uns an, ob wir alte bayerische Militärmusik aus dem 18. Jahrhundert mit 2 Schwegeln und Trommel spielen könnten, für die Sendung „Unter unserem Himmel“ von Lippl.

„Selbstverständlichn gerne.“

„Euer Honorar?“

„600 DM für uns drei.“

„Oh...das ist außerhalb unseres Budgets“.

Danach war Funkstille.

Einige Wochen später, es war ein Mittwoch oder Donnerstag, meldete sich das Fernsehen wieder und fragte, ob wir am kommenden Montag 12 Stücke vor historischer Kulisse im Armeemuseum in Ingolstadt einspielen könnten. Das Honorar ginge in Ordnung. Offensichtlich hatte der BR unter Musikern im Raum München herumtelephoniert, wer das billiger als die Pfeifer machen könnte – ohne Erfolg.

Es war klar, dass wir sofort zusagten, obwohl in der kurzen Zeit viel zu erledigen war: Ein Urlaubstag musste eingeplant und vom Arbeitgeber genehmigt werden, unsere Körpermaße wurden abgenommen, damit der BR uns historisch getreue Uniformen bei einem Kostümverleih besorgen konnte – man hatte extra dafür einen promovierten Militärhistoriker engagiert. Die größte Herausforderung war aber, die 12 Stücke an einem Wochenende auswendig zu lernen, denn wir waren klassisch ausgebildete Musiker, die fast nur von Noten spielten.

Nach erfolgreicher Vorbereitung trafen wir uns an einem sonnigen Montag vor dem Armeemuseum in Ingolstadt und suchten mit dem 9-köpfigen Fernsehteam nach geeigneten Aufnahmepositionen. Danach zogen wir die Uniformen an. Der Direktor des Armeemuseums gesellte sich interessiert dazu, und als er uns sah, schlug er die Hände über dem Kopf zusammen: „Um Gottes Willen, das sind ja französische Kavallerieuniformen!“ Der Kostümverleih hatte anscheinend keine bayerischen vorrätig gehabt, aber das Geschäft mit dem BR nicht verlieren wollen und dem Militärhistoriker die falschen Kleider angedreht.

Was tun? Es war ja schon alles vorbereitet, ein großes Aufnahmeteam war angereist. Zur Rettung erklärte sich der Direktor des Armeemuseums bereit, drei originale bayerische Uniformen aus seinen Ausstellungsvitrinen zu holen und uns anzupassen. Wie man weiß, waren die Menschen zur Zeit Beethovens im Durchschnitt kleiner und anscheinend auch schlanker als heute; es gelang nur für Gerd eine passende Kleidung zu finden; bei Herbert und Helmut hat es vorn und hinten gezogen und gezwickt, was beim Spielen sehr lästig war. Helmut erinnert sich, dass er nur mit angelegten Armen spielen konnte.

Nach dieser Verzögerung waren wir bereit für die Aufnahmen. Die ersten 6 oder 8 Stücke lieferten wir problemlos ab; danach ließ uns die Konzentration im Stich und es schlichen sich immer wieder kleine Unsauberkeiten ein, über die man bei einem Live-Auftritt hinweghören würde, aber keinesfalls bei einer Musikkonserve. Dafür gibt es eine Lösung: Man spielt von Noten und markiert danach das Auswendigspielen im Playback. Die Aufnahmen der restlichen Stücke gelangen dann in kurzer Zeit zur Zufriedenheit aller, aber das Playback bereitete unerwartete Schwierigkeiten: Man muss ja auswendig die Fingerbewegungen, den Ansatz, die Atmung und die Hände mit der Musik vom Tonband synchronisieren. Am schwierigsten ist das für den Trommler. Deswegen hatte Herbert sich die Noten so auf die Trommel gelegt, dass die Kamera sie nicht sehen konnte. Die Zeit wurde knapp, die Sonne war am Untergehen und das Fernsehteam musste schon mit künstlicher Beleuchtung nachhelfen. Endlich waren, nach mehreren Versuchen, auch diese Aufnahmen „im Kasten“ und man begann schon mit dem Abbauen, als der Regisseur einen wüsten Fluch ausstieß: Herbert hatte seine moderne Nickelbrille aufbehalten, damit er die Noten besser lesen konnte. Also noch einmal alles von vorn.

Wir waren dann tatsächlich an 12 Tagen in der Sendung „Unter unserem Himmel“ zu hören. Auch zu sehen? Das Fernsehen hatte uns als dunkle Schattenfiguren in einem Torbogen vor hellem Hintergrund präsentiert. Offensichtlich haben die Uniformen so schlecht gepasst, dass man sie den Zuschauern nicht in aller Deutlichkeit zeigen wollte.

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